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So Sauen "in Milch bringen"

Dr. Heinrich Kleine Klausing


Die Sauenmilch stellt für Saugferkel eine höchstverdauliche, optimal zusammengesetzte Nahrung dar. In den ersten Lebensstunden der Ferkel ist sie durch die im Kolostrum enthaltenen Immunglobuline aber auch ein wahres "Gesundheitselixier", was heute leider viel zu häufig vergessen wird. Wie die Sauen gezielt in der Milchbildung unterstützt werden können, ist nachfolgend zusammengestellt.

Sauenplaner-Auswertungen in vielen Betrieben bringen es zu Tage und auch regionale Ringauswertungen belegen es: die Leistungsdaten in der Ferkelerzeugung stagnieren, sind teilweise sogar rückläufig. Eigentlich sollte und müsste es anders aussehen, denn Haltung, Management, Genetik und Fütterung haben sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt. Schnell ist man in der Ursachenforschung bei Schlagworten wie "PRRS", Circoviren", "Impfstrategien", "Säugedauer" und viele Ferkelerzeuger stellen sich gemeinsam mit ihren Beratern die Frage: was ist denn ansonsten noch verändert? Haben wir Faktoren unberücksichtigt gelassen oder gar vernachlässigt?

Zwei wesentliche Punkte sind für die Entwicklung unserer heutigen Sauenlinien kennzeichnend: die über Jahre deutlich gestiegene Milchleistung (Abbildung 1) und die züchterische Veränderung der grobgeweblichen Körperzusammensetzung zu Gunsten von Fleisch und zu Lasten von Fett. 10 kg Milchleistung je Tag (und mehr) sind für die heutigen Sauenherkünfte rein genetisch kein Problem - wenn wir ihnen die Möglichkeit geben, diese Milchmenge auch zu bilden. Sauen brauchen hinsichtlich ihrer Milchleistung den Vergleich mit Hochleistungskühen nicht zu scheuen. Eine Sau mit 220 kg Gewicht und 10 kg Milch je Tag leistet soviel wie eine 650 kg-Kuh mit 50 kg Tagesmilchmenge - berücksichtigt man das Körpergewicht sowie die unterschiedlichen TS- und Nährstoffgehalte in der Milch. Damit diese Leistung erreicht wird, legen die spezialisierten Milchviehbetriebe ganz besonders hohen Wert auf ein detailliertes Stall- und Fütterungsmanagement rund um die Geburt und im ersten Drittel der Laktation. Hier haben wir in der Ferkelerzeugung mehr oder weniger Nachholbedarf.

Die Sauenmilch erfüllt für die Ferkel zwei wesentliche Aufgaben: auf der einen Seite Versorgung mit essentiellen Nährstoffen in konzentrierter Form und höchstverdaulich. Nie wieder in seinem gesamten Leben erreicht ein Schwein eine Leistung wie in der Säugezeit: von 1,5 kg Geburtsgewicht in 21 Tagen Vervierfachung des Körpergewichtes!

Auf der anderen Seite ist die Milch in den ersten Lebensstunden ein "Gesundheitselixier" für die Ferkel. Das Kolostrum, besonders die erste Kolostralmilch, enthält eine hohe Konzentration an Immunglobulinen, die für die Ferkel lebenswichtig sind, da sie ohne diese schützenden Antikörper geboren werden. Immunglobuline bilden den Hauptanteil des Proteins im Kolostrum. Der Proteingehalt liegt bei etwa 20 % in der ersten Kolostralmilch und geht bis gut 24 Stunden nach Geburt kontinuierlich auf die für Sauenmilch übliche Konzentration von etwa 6 % zurück. Die Fähigkeit der Ferkel, diese Antikörper aus dem Darm zu absorbieren, fällt bereits sechs Stunden nach Geburt deutlich und ist 24 Stunden nach Geburt beendet. Daher ist es sehr wichtig, dass die Ferkel in den ersten Lebensstunden soviel Kolostralmilch wie möglich aufnehmen. Praxisuntersuchungen aus Großbritannien und Irland zeigen, dass Ferkel, die in den ersten Lebensstunden keine Kolostralmilch erhalten hatten, zu einem hohen Prozentsatz an verschiedenen Infektionen im Darm- und Atemwegsbereich verendeten. Neue Praxiserhebungen in diesen Ländern stellen die hohe Bedeutung einer möglichst optimalen Kolostrumversorgung der Ferkel und einer hohen Konzentration an Immunglobulinen im Kolostrum im Hinblick auf die Vorbeuge von PMWS-Klinik bei den Ferkeln nach dem Absetzen heraus (VARLEY 2002). Diese Zusammenhänge sind in der Abbildung 2 dargestellt. Hier wurde die Konzentration an Immunglobulinen im Blut von Ferkeln über die Zeit untersucht. Ferkel mit einer sehr guten Kolostrumversorgung (Quantität und Qualität) hatten selbst nach 40 Lebenstagen noch eine deutlich höhere Konzentration an Immunglobulinen im Blut als Ferkel mit durchschnittlicher bzw. schlechter Kolostralmilchversorgung. Die Häufigkeit von PMWS-Klinik und dadurch bedingte Verluste streuen bekanntlich erheblich zwischen einzelnen Würfen. Die irischen und britischen Erfahrungen zeigen, dass in schlecht mit Kolostralmilch versorgten Würfen Verluste nach dem Absetzen von bis zu 80 % auftreten können, während in gut versorgten Würfen keine bis niedrige Verluste ermittelt werden. Auf Basis dieser Praxiserfahrungen wird abgeleitet, dass Ferkel mit einer Konzentration an Immunglobulinen unter 40 mg/ml Blut (blaue Linie in Abbildung 2) eher von allgemeinen Erkrankungen und PMWS-Symptomen betroffen sind. Es gilt also, die Qualität und Quantität der Kolostrumproduktion zu optimieren und jedem Ferkel die gleiche Möglichkeit zu geben, ausreichend Kolostralmilch aufzunehmen. Die Kolostrumaufnahme ist innerhalb eines Wurfes recht unterschiedlich und kann üblicherweise von 200 bis 450 g je Ferkel variieren. Hier werden Managementmaßnahmen wie Geburtsüberwachung, Geburtssynchronisation und Wurfausgleich diskutiert, die an dieser Stelle aber nicht eingehender betrachtet werden sollen.

Was muss man nun in der Praxis beachten, welche Maßnahmen sind zu empfehlen, damit die Sauen möglichst gut "in Milch kommen" - also gut Kolostralmilch produzieren - und anschließend den Ferkeln jeden Tag möglichst viel Milch für Zuwachs zur Verfügung stellen? Diese Frage soll nachfolgend mit Managementtipps beantwortet werden.

Tipp 1: Kondition tragend optimieren ist das A und O!

Dem Konditionszustand der hochtragenden Sau ist für einen problemlosen Geburtsverlauf und eine möglichst gute Futteraufnahme laktierend besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Im bekannten BCS-Schema ("Body Condition Scoring") sollen sich Sauen zum ersten und zweiten Wurf in der Konditionsnote "4", Altsauen in der Note "3" befinden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Sau nicht überkonditioniert ("mastig" - Note "5") zur Abferkelung kommt. Überkonditionierte Sauen zeigen vermehrt verzögerte Geburten, neigen eher zu Verstopfungen und sind nachfolgend schneller von MMA-Problemen betroffen. Verstopfungen und MMA bedeuten dann direkt "verminderte Kolostralmilchbildung" - mit allen genannten negativen Folgen für die Ferkel. Im Vergleich zu optimal konditionierten Sauen nehmen sie dann laktierend weniger Futter auf, säugen stärker ab und es treten schnell zur nächsten Belegung Konzeptionsprobleme auf. Wesentlichen Einfluss auf Futteraufnahme und Fruchtbarkeitsparameter hat das in den Fettzellen gebildete Hormon Leptin, dessen Bedeutung und Wirkprinzip von HÜHN (2002) umfassend erläutert wurde.

Tipp 2: Wasser ist der wichtigste "Nährstoff"!

Eine ausreichende Wasserversorgung ist gerade während der Laktation Grundvoraussetzung für eine konditionsschonende Futteraufnahme. Sauen haben laktierend einen Tages-Wasserbedarf von 40 l und mehr. Dazu müssen Nippeltränken eine Mindestdurchflussrate von 2 bis 2,5 l je Minute gewährleisten - und zwar auch dann, wenn zur Fütterungszeit viele Sauen gleichzeitig Wasser aus dem Kreislauf entnehmen. Hier gilt es, die Durchflussrate regelmäßig zu prüfen und die einzelnen Nippeltränken zu warten. Rund um die Geburt sollte man den Sauen Wasser direkt in den Trog geben - sei es per Schlauch oder über separate Zuleitungen mit einem Absperrhahn. Sauen, die eine anstrengende Geburt hinter sich gebracht haben, nehmen aus den Nippeltränken allein häufig viel zu wenig Wasser auf. Dies ist dann Ausgangspunkt für ein gestörtes Allgemeinbefinden (Stress für die Sau), nimmt negativ Einfluss auf die Darmpassage des Futters (stärkere Neigung zu Verstopfungen) und ein verstärktes MMA-Geschehen schließt sich schnell an.

Tipp 3: Sauen früh genug und stressfrei auf die Geburt vorbereiten!

Die Sau muss früh genug, d.h. spätestens fünf Tage vor der Geburt, in die saubere und desinfizierte Abferkelbucht eingestallt werden. Dazu gehört auch, die Sau selbst vor der Einstallung zu waschen. Dies sind die ersten und wichtigsten Maßnahmen, die Sauen in der kritischen Geburtsphase möglichst stressfrei zu halten.

Seitens der Fütterung muss beachtet werden, dass die Sau in den letzten Tagen vor der Geburt einen hohen Energie- und Nährstoffbedarf hat. Die Föten nehmen in diesen Tagen deutlichst an Gewicht zu (Abbildung 3). Nach niederländischen Untersuchungen können es durchaus bis zu 100 g je Fötus und Tag sein. Daraus abgeleitet hat die Sau in dieser Phase einen Bedarf von sicher 40 MJ ME je Tag. Für eine problemlos ablaufende Geburt ist es aber wichtig, den Darm der Sau zu entlasten und so MMA-provozierenden Verstopfungen vorzubeugen. Vor diesem Hintergrund wird dann häufig die Futtermenge in den letzten Tagen vor Geburt kontinuierlich bis auf 1/1,5 kg am Tag der Geburt abgesenkt. Da der genaue Abferkeltermin jeder einzelnen Sau nicht ohne Weiteres auf den Tag genau vorhergesagt werden kann, erfolgt die Futtermengenreduktion oft frühzeitig. Die Sau wird in eine deutliche Versorgungslücke geführt, die sich dann im bereits vor der Geburt auftretenden Abbau von Seitenspeck zur Energiegewinnung und unzureichenden Energiereserven für eine optimale Fötenentwicklung, einen schnellen Geburtsverlauf und sichere Kolostralmilchbildung äußert.

Die vorstehend genannten Ziele "optimale Energieversorgung" und "bestmögliche Darmentlastung" lassen sich verständlicherweise mit einem üblichen Laktationsfutter nur in wenigen Betrieben tatsächlich umfassend erfüllen. Es stellt sich gerade im Hinblick auf eine verbesserte Energieversorgung für eine sichere Milchbildung die Frage, welche alternative Fütterungsstrategie eingesetzt werden kann. Hier bietet sich ein spezielles "Geburtsfütterungskonzept" an. Dies ist zunächst grundsätzlich nichts Neues, da sogenannte "Geburtsfutter" schon seit geraumer Zeit auf dem Markt sind. Die Konzepte wurden aber in vielen Fällen primär auf die "Darmentlastung" zur MMA-Vorbeuge und weniger auf die verbesserte Energie- und Nährstoffversorgung ausgerichtet.

Ein alternatives Geburtsfütterungskonzept mit der Überschrift "Milchbildungsoptimierung" zeichnet sich durch folgende Erfolgsfaktoren aus:

  • Hohe Nährstoffdichte (13 MJ ME und 10 g Lysin je kg)
  • Quellfähige Rohfaser (60 - 70 g je kg), u.a. aus guter Weizenkleie und Melasseschnitzel
  • Unterstützung der gesunden Darmflora durch Pro- und Prebiotika, Säurekombination
  • Stoffwechselunterstützung durch die Immunantwort unterstützende Vitaminierung, u.a. hohe Vitamin E-Konzentration (200 mg je kg) mit antioxidativer Wirkung
  • Gezielt eingestelltes Kationen/Anionenverhältnis (Ca++, Mg++, K+ begrenzt; HPO4-, SO4-, Cl- erhöht) und Verwendung "geschmacksneutraler" Harnsäurer wie z.B. gekapseltes Calciumchlorid

Mit einem derartigen Geburtsfutterkonzept wird der Sau eine hohe Energiedichte bei gleichzeitig hohem Aminosäurengehalt (über 0,75 g Lysin je MJ ME) zur Verfügung gestellt. Die Empfehlung lautet, dieses Futter mit 3 kg je Tag bis vor die Geburt zu füttern. Damit wird gezielt die Milchbildung ante partum unterstützt. Die Verwendung quellfähiger, wasserbindender Rohfaserträger gewährleistet bei dieser hohen Futteraufnahme einen leichten Kotabsatz und beugt Verstopfungen vor. Das Verhältnis der säuernden Anionen (u.a. ca. 6,5 g P / kg Futter) und alkalisierenden Kationen (u.a. ca. 6 g Ca / kg Futter) unter Ergänzung mit gekapselten Harnsäurern hält den Harn-pH im leicht sauren Bereich. Entsprechende Untersuchungen zeigen, dass der Harn-pH im Vergleich zu einem üblichen Laktationsfutter um gut pH 1 gesenkt werden kann (Abbildung 4). Eine solche Ansäuerung des Harns kann zu einer Reduzierung des Keimgehaltes führen und Harnwegsinfektionen vorbeugen helfen, die häufig Ursache für Gebärmutterentzündungen und nachfolgenden Milchmangel sein können. Die Kombination aus Probiotika, Prebiotika (Oligosaccharide) und darmwirksamen Säuren zielt ebenfalls auf eine natürliche Reduktion des Infektionsdruckes und damit eine Entlastung des Stoffwechsels.

Noch ein Wort zum Thema "Harnsäuerung": von der teilweise in der Praxis empfohlenen Verwendung eines "säuernden Futters" bei tragenden Sauen über einen längeren Zeitraum wird abgeraten, da das der Einlagerung von Mineralstoffen in die Körperdepots als Reserve für die folgende Laktation entgegensteht. Dies kann im Einzelfall auf die Milchbildung begrenzend wirken. Ein Harn-pH in Richtung 8 kann bei tragenden und säugenden Sauen durchaus noch physiologisch normal und gesund sein.

Ein "milchbildungsförderndes" Geburtsfutter wird bis drei Tage nach Geburt eingesetzt und dann im Verschnitt auf Laktationsfutter umgestellt. Am Abferkeltag nimmt die Sau aufgrund der Geburtsvorgänge üblicherweise weniger Futter auf. Am ersten Säugetag werden bereits wieder 2,5 bis 3 kg gefüttert.

Tipp 4: Tun Sie alles für eine optimale Futteraufnahme der laktierenden Sau!

Nach der Geburt wird die tägliche Futtermenge um 0,5 bis 0,7 kg kontinuierlich gesteigert. Dabei muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Sau nicht "überfüttert" wird. Ein "Überfressen" führt zwangsläufig zu einer Reduktion der maximalen Futteraufnahme.

Es soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass über Futter und Fütterung allein der Erfolg im Abferkelstall bestimmt wird. Für eine optimale Futteraufnahme und damit "möglichst viel Milch aus Futter" ist auf eine hohe Hygiene im Trog zu achten. Spätestens 2 bis 3 Stunden nach Fütterung sollte die Sau den Trog geleert haben. Gerade im warmen Abferkelstall kann es bei angefeuchtetem Futter im Trog schnell zum mikrobiellen Verderb mit negativen Folgen für die Futterakzeptanz und die Tiergesundheit kommen.

Auch die Bedeutung der Stallklimatisierung ist herauszustellen. Sauen und Ferkel haben sehr unterschiedliche Temperaturansprüche. Während Ferkel in ihrem Aufenthaltsbereich (Ferkelnest) auf ausreichend hohe Temperaturen angewiesen sind, ist bei den Sauen, insbesondere im Hinblick auf eine hohe Futteraufnahme, eine ausreichende Versorgung mit Frischlust gerade im Kopfbereich sicherzustellen. So zeigen u.a. irische Untersuchungen, dass bei einem Anstieg der Umgebungstemperatur deutlich über 20°C mit jedem °C die Futteraufnahme um gut 100 g sinkt - bei einem Anstieg auf 30°C also um ca. 1 kg je Tag. In warmen Sommermonaten kann auch durchaus die in amerikanischen Farmen oft anzutreffende "Zuluftkühlung" interessant sein (Abbildung 5). Dabei wird an den "Lamellen" in den Wandfüllungen der Zentralgänge Wasser entlanggeführt. Die Zuluft wird durch die Lamellenzwischenräume gezogen und eine gewisse Temperatursenkung über den Effekt der "Verdunstungskälte" erreicht.

Der Gedanke, eine verminderte Futteraufnahme über eine Erhöhung des Energiegehaltes im Futter zu kompensieren, ist kaum vielversprechend. So entspricht die Erhöhung des Energiegehaltes um 0,4 MJ pro kg lediglich einer Steigerung der Futteraufnahme von 180 g/Tag. Oder anders ausgedrückt: um die Verringerung der Futteraufnahme von z.B. 6 auf 5 kg pro Tag zu kompensieren, wäre eine Steigerung des Energiegehaltes von 13,0 auf 15,6 MJ pro kg notwendig - "und einen Prestarter füttert niemand an Sauen". Dies zeigt nochmals deutlich, dass eine optimierte Futteraufnahme unumgänglich ist, um die Nährstoffversorgung der Sauen in der Laktation für eine möglichst gute Milchbildung sicherzustellen. Und es zeigt auch, dass alle fütterungstechnischen Maßnahmen, die der Verbesserung der täglichen Futteraufnahme dienen, auf jeden Fall betrachtenswert sind. Hier sind die dreimal tägliche Fütterung und bei Flüssigfütterung auch die Sensortechnik zu nennen.

Tipp 5: Verdauung und Immunität der Sauen gezielt unterstützen!

Ferkelerzeuger stellen in den letzten Monaten bei Sauen im Wartestall vermehrt Symptome wie "harter Kot" bis hin zu Verstopfungen, "Aufblähungen", "borkige Haut" und mangelnde Vitalität/Fitness fest. Häufig ist eine veränderte Darmpassagerate des Verdauungsbreies ursächlich, in deren Folge es zu den vorstehend genannten Symptomen und auch einer Vermehrung von Schadkeimen wie z.B. Clostridien kommen kann. In einzelnen Betrieben wird dann auch über plötzliche Todesfälle bei den Sauen berichtet, die vom bestandsbetreuenden Tierarzt differentialdiagnostisch im Einzelfall auf Clostridien zurückgeführt werden können. Zentralen Einfluss auf die Verdauungsabläufe im Darm, insbesondere die Fettverdauung, hat die Leber über die Gallensäure. Funktionieren der Leberstoffwechsel und der sogenannte "enterohepatische Kreislauf" z.B. aufgrund einer Belastung durch virale Erreger nicht mehr richtig, hat das negativen Einfluss auf die Emulgierung des Verdauungsbreies im Darm. Hier kann über Emulgatoren im Futter die Fettverdauung und der Leberstoffwechsel gefördert und diesen Symptomen entgegengewirkt werden.

Gerade die Immunantwort der Sauen ist unter viralem Infektionsdruck verstärkt gefordert. So zeigen aktuelle amerikanische Praxisuntersuchungen von O'QUINN und Kollegen (O'QUINN et al. 2001) in einer großen Farm mit über 1000 Sauen, dass durch die Supplementierung des Sauenfutters mit prebiotischen Oligosacchariden die Konzentration an Immunglobulinen in der Kolostralmilch im Vergleich zur Kontrolle signifikant erhöht werden konnte. Bei nicht unterschiedlicher Zahl lebend geborener Ferkel je Wurf und gleicher Säugedauer waren in der Prebiotikagruppe die Ferkelverluste während der Laktation signifikant um gut 2 Prozentpunkte niedriger und das durchschnittliche Absetzgewicht je Ferkel nach 21 Säugetagen um 300 g signifikant höher. Auch NEWMAN und NEWMAN (2001) ermittelten in ihren Untersuchungen vergleichbare Effekte und führen die bessere Gewichtsentwicklung der Saugferkel auf die höhere Immunglobulinversorgung mit der Sauenmilch und den dadurch verbesserten Immunstatus zurück.

Fazit

"Füttern auf Milch" heißt in der Ferkelerzeugung: der Sau jeden Tag die Nährstoffe geben, die sie braucht! Wichtige Eckpunkte sind neben der konditionsbetonten Tragefütterung die optimale Geburtsvorbereitung, die gezielte Unterstützung der Kolostralmilchbildung und -qualität sowie die Sicherstellung einer hohen Futteraufnahme in der Laktation. Bei unseren heutigen Hochleistungssauen sind unter Kenntnis der verschiedenen immunsuppressiv wirkenden viralen Infektionen diese Punkte wichtiger denn je. Der amerikanische Sauenexperte Lee Johnston von der University of Minnesota hat zu diesem Themenkomplex in einem aktuellen Interview mit der Fachzeitschrift "National Hog Farmer" treffend gesagt: "Merken Sie sich: es gibt keine "Wunderdinge", die die Fruchtbarkeitsleistung der Sauen steigert. Vielmehr ist es eine Frage, die Teile eines Puzzles zusammenzusetzen und sicherzustellen, dass man die grundlegenden Dinge gut macht." Daher: wenn wir die Sauen zu jedem Zeitpunkt optimal füttern und über die richtigen Maßnahmen im Management gezielt unterstützen, haben wir die wichtigste Voraussetzung für eine hohe Milchleistung und eine erfolgreiche Ferkelaufzucht geschaffen.

Literaturverzeichnis

HÜHN, U. (2002): Ohne Fettdepots keine Fitness
dlz 11 (2002), S. 126-130

NEWMAN, K.E., M.C. NEWMAN (2001): Evaluation of mannan oligosaccharide on the microflora and immunoglobulin status of sows and piglets performance
Journal of Animal Science 79 (2001) Suppl.1, S. 189

O'QUINN, P.R., D.W. FUNDERBURKE, G.W. TIBBETTS (2001): Effects of diatery supplementation with mannan oligosaccharides on sow and litter performance in commercial production systems
Journal of Animal Science 79 (2001) Suppl.1, S. 212

VARLEY, M. (2002): Colostrum quality reduces PMWS
Pig World 8 (2002), S. 46

VERSTEGEN, M.W.A., P.J. MOUGHAN, J.W. SCHRAMA (1998): The lactating sow
Wageningen Pers, Wageningen ISBN 90-74134-43-2

Januar 2003