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Angewandte Kaninchenfütterung - was der Rassezüchter wissen und beachten sollte

Dr. Heinrich Kleine Klausing


Die Frage der ausgewogenen und gesunden Kaninchenfütterung steht in vielen Gesprächen und Diskussionen mit Züchtern immer wieder im Mittelpunkt des Interesses. Jeder Züchter hat dabei seine eigenen Erfahrungen, die er über viele Jahre erfolgreicher Zuchtarbeit gesammelt hat. Das sind in vielen Fällen sehr wichtige Erkenntnisse, die wesentlich zum Zuchterfolg und zur Gesunderhaltung der Kaninchen beitragen können. Diese speziellen Erfahrungen und Erkenntnisse können aber nur wirksam werden, wenn die wichtigen Grundsätze der bedarfsgerechten, ausgewogenen Kaninchenfütterung bereits praktiziert werden. Nachfolgend sollen daher diese praktischen Fütterungsfragen eingehend betrachtet und anhand von Beispielen erläutert werden.

Die Ernährung der Kaninchen ist in den vergangenen Jahrzehnten international von den Wissenschaftlern umfassend untersucht worden. Neue Erkenntnisse der Wissenschaft werden von der Fütterungsberatung aufgenommen und in entsprechende Fütterungskonzepte eingebaut. Der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zum Bedarf an den verschiedenen Nährstoffen ist in den weiteren Beiträgen auf dieser website eingehend dargestellt. Darauf basierend gilt es, die Tagesration der Kaninchen in den unterschiedlichen Wachstums- und Zuchtphasen ausgewogen zusammenzusetzen.

Grundlage: "den Blinddarm füttern"

Von großer Bedeutung für die Rationsgestaltung sind die Besonderheiten des Verdauungssystems beim Kaninchen. Über die Fermentation im Blinddarm, der etwa 49 % des Gesamtvolumens im Verdauungstrakt ausmacht, kann das Kaninchen Futtermittel mit relativ niedriger Nährstoffkonzentration vergleichsweise gut verwerten. Allerdings ist das Kaninchen für eine funktionierende Verdauung auch auf die gezielte Unterstützung der Bakterienflora im Blinddarm angewiesen. Eine der wichtigsten Kriterien ist dabei die Sicherstellung eines Mindestgehaltes an Strukturkohlenhydraten (Rohfaserfraktionen) in der Tagesration und die Begrenzung des Gehaltes an leicht löslichen Kohlenhydraten, vor allem Stärke.

Die ausgewogene Versorgung der Kaninchen mit Strukturkohlenhydraten wird heute nicht mehr nur durch die analytische Größe "Rohfaser" gekennzeichnet. Neue Empfehlungen aus Frankreich differenzieren diese Nährstofffraktion weitergehend. Die Strukturkohlenhydrate setzen sich aus Cellulose, Hemicellulosen (Pentosane, Hexosane), Pektine und Substanzen mit sehr niedriger Verdaulichkeit, vor allem Lignin, zusammen. Die Zusammensetzung ist in jedem pflanzlichen Futtermittel unterschiedlich. Die vorstehend näher benannten Strukturkohlenhydrate sind enzymatisch im Dünndarm des Kaninchen so gut wie nicht zu verdauen. Nur die Darmbakterien können durch Fermentation diese Kohlenhydrate unter Bildung von kurzkettigen Fettsäuren und u.a. Methan aufschließen.

Diese Strukturkohlenhydrate können analytisch nach den von van Soest et al. (1991) beschriebenen Methoden erfasst und wie nachfolgend beschrieben weitergehend differenziert werden.

NDF: "Neutrale Detergentien Faser" ("Neutral Detergent Fiber")
In dieser Fraktion sind die im Futter enthaltenen Hemicellulosen, die Pektine, die Cellulose und das Lignin zusammengefasst. Die NDF repräsentiert im Wesentlichen die pflanzlichen Zellwände. Hemicellulosen, Pektine und Cellulose sind die bedeutendsten Strukturkohlenhydrate, die mehr (Hemicellulosen, Pektine) oder weniger (Cellulose) gut verdaulich sind.

ADF: "Saure Detergentien Faser" ("Acid Detergent Fiber")
Diese Fraktion umfasst die im Futter enthaltene Cellulose und das Lignin, zusammen auch bezeichnet als Lignocellulose. Die Differenz zwischen den analytisch erfassten Gehalten an NDF und ADF stellt den Gehalt an Hemicellulosen dar. Aus der Differenz zwischen ADF und ADL wird der Gehalt an Cellulose errechnet. Die Verdaulichkeit der Hemicellulosen liegt beim Kaninchen im Mittel zwischen 25 und 35 %, die der Cellulose zwischen 15 und 18 %.

ADL: "Saures Detergentien Lignin" ("Acid Detergent Lignin")
Mit dieser Fraktion wird in der chemischen Analyse das Lignin erfasst. Über die Differenz zwischen dem Gehalt an ADF und ADL wird der Gehalt an Cellulose in einem Futtermittel bestimmt. Die Verdaulichkeit des Lignin wird in der Literatur mit im Mittel 10 bis 15 % angegeben.

Für die ausgewogene Ernährung der Kaninchen und Sicherstellung einer stabilen, sicheren Verdauung in Blind- und Grimmdarm hat Gidenne (2000) die Fraktion "verdauliche Faser" definiert:

DF: "Verdauliche Faser" ("Digestible Fiber")
Die Fraktion "verdauliche Faser" wird nach Gidenne (2003) aus der Summe der beiden Fraktionen "Hemicellulose" (NDF - ADF) und "wasserunlösliche Pektine" (WIP - water insoluble pectins) ermittelt. Pektine weisen beim Kaninchen mit 70 bis 76 % eine sehr hohe Verdaulichkeit auf.

Empfohlene Gehalte an Strukturkohlenhydrate im Futter

Gidenne und Lebas (2002) schlussfolgern aus der Auswertung umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, dass eine gesunde Verdauung speziell in der Absetzphase deutlich von der Menge und der Qualität der Lignocellulose (ADF) im Futter abhängt. Diese Untersuchungen zeigen außerdem, dass Verdauungsstörungen auch reduziert werden können, wenn höhere Stärkekonzentrationen im Futter durch adäquate Gehalte an "verdaulicher Faser" ersetzt werden. Hintergrund ist der Einfluss der verdaulichen Faser, nach Definition die Summe aus Hemicellulose und wasserunlösliche Pektine, auf die Fermentation im Blind- und Grimmdarm wie auch auf die Passagerate des Verdauungsbreies. Allerdings ist der Gehalt an verdaulicher Faser auch im Verhältnis zu Lignin und Cellulose zu betrachten. Das Erkrankungsrisiko aufgrund von Verdauungsstörungen und dadurch bedingte Tierverluste kann besonders deutlich dann minimiert werden, wenn im Futter mehr als 15 % Lignocellulose und ein Verhältnis "verdauliche Faser zu Lignocellulose" kleiner 1,3 eingehalten wird.

Gidenne und Lebas (2002) betonen, dass die "verdauliche Faser" nicht nur Vorteile für die Darmgesundheit hat. Die Fraktion kann vom Kaninchen auch energetisch sehr gut für Wachstum genutzt werden. Damit beide Effekt genutzt werden können, muss aber unbedingt die vorstehend beschriebene ausreichende Versorgung mit Lignocellulose sichergestellt sein. Allerdings sollte der Gehalt an Lignocellulose auch nicht über 25 % im Futter liegen, da dann das Kaninchen die Futteraufnahme nicht mehr so weitgehend steigern kann, dass die für gute Leistung erforderliche Energieversorgung sichergestellt ist. Die verdauliche Faser scheint außerdem eine stimulierende Wirkung auf die Entwicklung der Blinddarmflora beim Jungkaninchen zu haben.

Die französischen Wissenschaftler haben aus diesen und weiteren Untersuchungen die in Tabelle 1 dargestellten Empfehlungen zu Gehalten an den verschiedenen Strukturkohlenhydraten und Stärke im Kaninchenfutter abgeleitet. Umfassende Empfehlungen liegen bisher für die Aufzucht- bzw. Mastphase vor. Für die Häsin sind bisher nur Daten zum Gehalt an Lignocellulose und zum Verhältnis "Lignin zu Cellulose" veröffentlicht.

Gidenne und Lebas (2002) empfehlen, bei der Zusammenstellung eines auf Leistung und optimale Unterstützung der Darmgesundheit ausgerichteten Kaninchenfutters besonders die folgenden, in Tabelle 1 näher erläuterten Eckwerte zu beachten:

  • Mindestgehalt an Lignocellulose (ADF) und Lignin (ADL) als Maß für die Qualität der Lignocellulose
  • Menge der verdaulichen Faser (DF) im Vergleich zur Lignocellulose (ADF) über das Verhältnis "DF/ADF"
  • Menge und Herkunft der Stärke (speziell in der Absetzphase)
Auch die niedrig verdaulichen Strukturkohlenhydrate Cellulose und Lignin haben Bedeutung für die Darmgesundheit. Hier ist besonders auf das Lignin hinzuweisen. So stieg in Untersuchungen am INRA das Erkrankungsrisiko an, wenn der Ligningehalt im Futter deutlich unter 5 % reduziert wurde. Allerdings kann ein deutlich über 5 % hinausgehender Ligningehalt zu verringerten Zuwachsleistungen führen. Gidenne (2003) empfiehlt daher für wachsende Kaninchen eine tägliche Ligninmenge von 5 bis 7 g und eine Cellulosemenge von 11 bis 12 g je Tag. Daraus abgeleitet wird für Futter bzw. für die Ration für wachsende Kaninchen ein Verhältnis "Lignin zu Cellulose" von größer 0,4 empfohlen.

Damit diese Werte bei der Zusammenstellung eines Kaninchenfutters auch entsprechend berücksichtigt werden können, sind in der Tabelle 2 für verschiedene Kaninchenfutterkomponenten u.a. die Gehalte an NDF, ADF, ADL, wasserunlösliche Pektine (WIP) sowie die daraus berechnete verdauliche Faser (DF) dargestellt.

Auch deutsche Praxiserfahrungen in der landwirtschaftlichen Kaninchenfleischerzeugung sowie in der Rassezucht zeigen, dass mit einer derart ausgerichteten, diätetisch hochwertigen Fütterung gute Erfolge hinsichtlich der Gesunderhaltung im Darm bei guten Zuwachsleistungen und optimaler Zuchtkonditionierung der Häsinnen erzielt werden können (Kleine Klausing, 2001a und 2001b). Insbesondere bei der Herstellung von Kaninchenfutter für die Absetzphase ist die Berücksichtigung der Gehalte an den verschiedenen Strukturkohlenhydraten von herausragender Bedeutung.

"Grobfutter" – was ist für eine ausgewogene Ernährung zu beachten

In der Rassezucht ist die Fütterung von "Grobfutter" (frisches oder konserviertes Grünfutter, Wurzelfrüchte etc.) weit verbreitet. Die am häufigsten verwendeten Futtermittel sind Wiesen- oder Weidegras, Kleegras, Luzernegras, die verschiedenen daraus gewonnen Heuvarietäten, Futterrüben, Möhren, Kartoffeln und andere Saftfutter. Diese Liste lässt sich noch erweitern. Gemeinsam haben die meisten frischen Grobfuttermittel, dass sie im Vergleich zu Konzentratfutter eine deutlich geringere Trockenmasse (mehr Feuchte), eine niedrigere Verdaulichkeit der organischen Substanz und damit einen niedrigeren Energiegehalt aufweisen. Außerdem ist die erforderliche ausgewogene Versorgung mit Protein, mit lebenswichtigen Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen über die alleinige Fütterung mit Grobfutter nicht sicherzustellen. Die Folge eines solchen Fütterungsregime ist eine deutliche Mangelernährung. Dies äußert sich in reduzierter Gewichtsentwicklung während der Aufzuchtphase, in verringerter Wurfzahl und Wurfstärke bei der Häsin sowie häufig in einer gestörten Verdauung mit Durchfallerscheinungen als Folge. Das Grobfutter muss also umfassend und richtig ergänzt werden. Der Anteil an Nährstoffmenge aus dem Grobfutter an der gesamten täglichen Nährstoffversorgung ist gerade bei den mittelschweren und schweren Rassen höchstens zur Deckung des Erhaltungsbedarfes anzusetzen. Saftfutter wie Möhren und Rüben, Grünfutter sowie auch Heu sind aber aus Gründen der Beschäftigung und des Auslebens natürlicher Verhaltensweisen als Nager wichtig und empfehlenswert. Die Nähr- und Wirkstoffdeckung für die Leistungsanforderungen erfolgt über die Fütterung entsprechend ausgewogener Konzentratfutter.

Hinsichtlich der Qualität des angebotenen Grobfutters ist insbesondere auf die Hygiene zu achten. Grobfutter, frisch oder anschließend konserviert, wie auch Saftfutter werden sehr bodennah oder aus dem Boden heraus gewonnen. Hier besteht die Gefahr der Infektion des Kaninchens mit krankmachenden Keimen wie Kokzidien, Clostridien oder auch pathogenen Colibakterien, wenn die Futtergewinnung nicht ordnungsgemäß erfolgt und es zu deutlichen Verschmutzungen des Futters mit Erde gekommen ist. Aber auch während der Lagerung konservierter Futtermittel kann es zu einer Beeinträchtigung der hygienischen Qualität kommen. Hier besteht z.B. die Gefahr, dass sich Schimmelpilze vermehren, die über ihre Toxine (sogenannte Mykotoxine) die Gesundheit der Kaninchen nachhaltig schädigen können. So können Mykotoxine in hoher Dosis u.a. bei Häsinnen zu Aborten führen. Der Züchter hat ein recht einfaches Kriterium zur Beurteilung der Qualität: riecht das Heu muffig oder stellt man gräuliche bis schwärzliche Farbveränderungen fest, hat dieses Grobfutter nichts im Stall zu suchen. Desgleichen gilt natürlich auch für das zur Einstreu verwendete Stroh.

Einzelne Züchter füttern auch hin und wieder getrocknetes Altbrot an die Kaninchen. Dies ist vom Grundsatz her durchaus möglich. Allerdings muss auch hier auf die hygienische Qualität unbedingt geachtet werden. Ist das Brot vor dem Trocknen bereits angeschimmelt, gehört es in den Bioabfall und nicht in den Kaninchenstall. Aber auch gute Qualität sollte nur in deutlich begrenztem Umfang verabreicht werden, da Altbrot einen hohen Gehalt an leichtlöslichen Kohlenhydraten aufweist. Gelangen davon zu hohe Mengen in den Blind- und Grimmdarm, kann es zu Verdauungsstörungen aufgrund eines unkontrollierten Wachstums von potentiell pathogenen Darmbakterien wie Escherichia coli oder auch Clostridien kommen. Daher ist die Menge an Altbrot bei mittelschweren Rassen auf höchstens 40 g je Tier und Tag zu beschränken.

Wasser ist wichtigster "Nährstoff"

Besonderes Augenmerk sollte der Züchter auf die Wasserversorgung der Kaninchen legen. Der Satz: "Wasser ist der wichtigste Nährstoff" beschreibt, worauf es ankommt: Kaninchen müssen freien Zugang zu Trinkwasser haben - unabhängig von der verabreichten Futterart (Grobfutter, Saftfutter oder Trockenfutter). Den täglichen Wasserbedarf der Kaninchen kann man nach Auswertungen von Schlolaut (2003) etwa über die Faustzahl "gefressene Futtertrockenmasse (in g) mal Faktor 3 gleich Mengenbedarf an Wasser (in ml)" ableiten. Die Mengenverhältnisse lassen sich gerade bei der säugenden Häsin besonders gut verdeutlichen, da sie aufgrund ihrer Milchleistung einen besonders hohen Wasserbedarf hat. Gleichzeitig nimmt sie aber zur Deckung des Energie- und Nährstoffbedarfes auch viel Futter auf. So benötigt eine säugende Häsin, die 400 g Futtertrockenmasse je Tag frisst, mindestens 1,2 Liter Wasser! Das Wasser muss hygienisch einwandfrei sein und sollte mindestens einmal täglich erneuert werden (wenn nicht zentral aus dem Wassernetz versorgte Selbsttränken verwendet werden). Aus hygienischer Sicht ist das Wasserangebot aus Flaschen mit Saugrohren oder Nippeltränken den offenen Tränkeschalen vorzuziehen. Alle Tränkegefäße sind in regelmäßigen Abständen zu reinigen, da sich in den Behältern z.B. Algen und auch potentielle Schadkeime festsetzen können. In der Zuchtpraxis hat sich die leichte Ansäuerung des Tränkewassers bewährt. Hier kommt z.B. im Haushalt üblicher Obstessig mit einer Dosierung von 50 bis 100 ml auf 10 l Wasser zum Einsatz. Es gibt aber auch entsprechende Säurepräparate im Handel, die hohe Wirksamkeit und Anwenderfreundlichkeit aufweisen. Die Säure sichert den hygienischen Zustand des Wassers und wirkt allgemein positiv auf die Stabilisierung des pH-Wertes im Magen und darüber dann auf die Verdauung.

"pelletiertes Kaninchenfutter" – umfassende Bedarfsdeckung ist Grundlage

Die auf Basis der eingangs dargestellten wissenschaftlichen Versorgungsempfehlungen abgeleiteten Nähr- und Wirkstoffeckwerte für die sogenannten „Konzentratfutter“ sollen zum Einen sicherstellen, dass die Kaninchen bei alleiniger Fütterung ausgewogen versorgt sind. Zum Anderen muss die Futterkonzeption aber auch die ausgewogene Ergänzung der Grobfutter in der Tagesration ermöglichen. Da die Grobfutter in der Tagesration nur einen sehr begrenzten Teil des Nährstoffbedarfes decken können und in den marktüblichen Alleinfutterkonzeptionen auch fachlich begründete Sicherheitszuschläge berücksichtigt sind, kann man die energiestärkeren "Alleinfutter" auch zur Grobfutterergänzung verwenden. Vom Bedarf der Kaninchen in den unterschiedlichen Produktions- bzw. Wachstumsphasen wurden die in der nachfolgenden Tabelle 3 dargestellten Empfehlungen für Nährstoffgehalte in verschiedenen Alleinfuttersorten abgeleitet.

Ergänzend zu den in Tabelle 3 mitgeteilten Rohfasergehalten sind bei der Futterkonzeption die in der Tabelle 1 vorgestellten Empfehlungen zu Gehalten an Strukturkohlenhydraten und Stärke im Alleinfutter für Kaninchen zu beachten.

Besonders hingewiesen werden muss auf die Bedeutung der Gehalte an den schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystin im Kaninchenfutter. Sie gehören zur Gruppe der essentiellen, also lebensnotwendigen Aminosäuren, können vom Tier selbst nicht oder nicht in ausreichendem Umfang synthetisiert (hergestellt) werden und sind beim Kaninchen erstlimitierend, d.h. sie können als Erste in den Mangel kommen. Dies ist in der Bedeutung beider Aminosäuren für den Aufbau der Wollhaare begründet. Eine Unterversorgung kann das Wollwachstum und die Fellqualität negativ beeinflussen. Dies gilt insbesondere für die tragenden bzw. säugenden Zuchthäsinnen, da bei Ihnen der Bedarf für das Haarwachstum mit dem Bedarf für die Foetenentwicklung bzw. Milchbildung konkurriert. Aber auch beim wachsenden Jungtier ist die Versorgung mit den schwefelhaltigen Aminosäuren zu beachten, da für das Wachstum selbst (Fleischansatz) diese Aminosäuren ebenfalls bedeutend sind. Eine Unterversorgung kann die Gewichtsentwicklung begrenzen und eine verminderte Fellqualität (Glanz, Struktur) zur Folge haben, was aus züchterischen Gründen (Erreichung des Zuchtzieles, Vorstellung der Zuchttiere zur Beurteilung auf den Zuchtschauen) unbedingt vermieden werden muss. Da Cystin vom Kaninchen im Stoffwechsel aus Methionin umgewandelt werden kann, der umgekehrte Weg aber nicht möglich ist, wird dem Kaninchenfutter häufig zur umfassenden Sicherstellung der Bedarfsdeckung Methionin als Einzelaminosäure zugesetzt. Deren Synthese wird im Abschnitt "Methionin" näher beschrieben.

Besonders Wert gelegt werden muss auf die sachgerechte Verwendung der verschiedenen im Markt erhältlichen Alleinfuttertypen für Kaninchen. Dazu gibt Schlolaut (2003) die folgenden praktischen Hinweise:

  • Alleinfutter nur für diejenigen Tiere verwenden, für die sie hergestellt wurden.
  • Alleinfutter nicht durch andere konzentrierte Futterkomponenten (z.B. Hafer oder auch Gerste) ergänzen - das verdünnt insbesondere die Mineral- und Wirkstoffe. Die Zufütterung von Grobfutter als "Leckerbissen" ist wegen der geringen Nährstoffkonzentration aber möglich.
  • Zur beliebigen Aufnahme wird das Kaninchen-Alleinfutter nur an säugende Häsinnen und Jungkaninchen bis zum Alter von 12 Wochen gegeben.
  • Immer Wasser mit anbieten.

"Futterpelletierung" - wie geht das eigentlich?

Viele Konzentratfutter werden in pelletierter Form hergestellt. Hintergrund ist das Futteraufnahmeverhalten der Kaninchen. Als Nager können Kaninchen mehlförmige Futter nur äußerst schlecht aufnehmen. Daher ist die Pelletqualität, d.h. möglichst ohne Mehlanteil, ein äußerst wichtiges Qualitätskriterium. Zum Verständnis, wie pelletiertes Kaninchenfutter hergestellt wird, soll nachfolgend der Produktionsprozess kurz beschrieben werden.

Im Mischfutterwerk werden die ausgewählten Komponenten auf Basis ihrer Nährstoffgehalte mit aufeinander abgestimmten Prozentanteilen zusammengeführt und vor bzw. nach der Vermischung gemahlen. Das gemahlene Futter wird unter Anwendung der physikalischen Parameter Feuchte, Wärme und Druck in einer sogenannten Pelletpresse pelletiert. Dazu wird das mehlförmige Futter zunächst in einem Konditionierer mit Dampf behandelt, dann wird das vorbehandelte Mehl durch eine Matrize (Pressform) mit einem Presskanal-Durchmesser von 3 mm gedrückt. Eine Matrize ist ein kreisrunder Ring von ca. 6 cm Dicke, in dem eine Vielzahl von Bohrungen (3 mm Durchmesser) vorhanden sind. Ein sogenannter feststehender Koller (Pressrollen) drückt gegen die Innenseite der sich mit hoher Geschwindigkeit drehenden Matrize, "schiebt" dabei das Mehl vor sich her und drückt es in Hunderte von Presskanälen. An der Austrittseite befindet sich ein Abstreifmesser, das die Pellets auf die gewünschte Länge bringt. Die Pellets werden dann auf Raumtemperatur heruntergekühlt (am Pressenausgang haben sie eine Temperatur von ca. 70 °C). Dabei entweicht auch die zugesetzte Dampffeuchte wieder und das Produkt hat am Ende die futtermittelnatürliche Feuchte, d.h. 12 bis 13 % Feuchte bzw. 87 bis 88 % Trockensubstanz. Dieser Prozess läuft in den Mischfutterwerken heute computergesteuert ab und wird von einem sogenannten Pressenführer überwacht, der auch regelmäßig Produktproben auf ihre technische Qualität (Pellethärte, Abrieb) überprüft. Die Pellethärte bestimmt, ob mehr oder weniger Abrieb anfällt. "Null Abrieb" kann es nicht geben, da die Pelletkanten beim Befüllen des Futtersacks und im Sack selbst z.B. beim Umlagern aneinander reiben und dabei natürlich auch kleinste Bruchstücke abbrechen können. Der Anteil soll aber nicht über 1,5 bis max. 2 % liegen. Die Pelletfestigkeit beeinflusst man also durch die richtige Einstellung der o.g. physikalischen Parameter. Dabei sind der Feuchtemenge Grenzen gesetzt, da sie ja am Ende des Produktionsprozesses wieder komplett aus dem Futter herausgebracht sein muss (über die Kühlung). Eine "Trocknung" des Futters kann alleine schon aus Energiegründen nicht in Frage kommen. Die Temperatur kann auch nicht unbegrenzt erhöht werden. Bei gut 75 °C ist eine Grenze erreicht, da ansonsten die Gefahr besteht, u.a. zugesetzte Vitamine zu schädigen.

Ganz wesentlichen Einfluss hat natürlich auch die Rezeptur des Futters, d.h. die Auswahl der Komponenten und deren jeweiliger Anteil im Futter. Sie muss einerseits auf den Bedarf des Tieres ausgewogen abgestimmt sein, andererseits muss beachtet werden, dass die Rezeptur auch "pelletierbar" ist. Das ist ebenfalls über die Komponentenwahl mit beeinflussbar. So benötigt man u.a. auch eine gewisse Menge Stärke im Futter, da diese verkleisternd wirkt und in Verbindung mit dem Dampf unter Druck und Wärme dann als "Klebmasse" dient. Dabei muss natürlich berücksichtigt werden, dass in einem Kaninchenfutter für eine stabile Verdauung nicht mehr als ca. 16 % Stärke enthalten sein sollte. Auch Melasse als Nebenprodukt der Zuckergewinnung hat positiven Einfluss auf die Pelletierung. Unter Beachtung aller vorstehend genannten Parameter und Bedingungen wird dann letztendlich ein stabiler Kaninchenfutterpellet hergestellt.

Die Komponenten für Kaninchenfutter - Herkunft und Kennzeichnung

Die Herkunft der im Kaninchenfutter verwendeten Komponenten und die Begründung für ihre Verwendung stehen immer wieder im Mittelpunkt des Züchterinteresses. Daher soll nachstehend auf diese Fragen eine Antwort gegeben werden. Dazu sind die für die Herstellung von Kaninchenfutter üblicherweise in Betracht kommenden Einzelfuttermittel entsprechend der Einteilung in der "Positivliste für Einzelfuttermittel" (Normenkommission, 2003) aufgelistet und näher beschrieben.

Getreidekörner, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse

Gerste
Getreideart (Sammelart Hordeum vulgare) mit kurzem Halm und lang begrannter Ähre. Man unterscheidet 2 Gruppen: die vielzeilige Gerste (alle 3 Ähren einer Blütenebene fertil) und die zweizeilige Gerste (nur das mittlere Ährchen fertil). Von den vielzeiligen Gersten spielt die ursprünglich sechszeilige (gleichzeilige) Gerste keine große Rolle mehr; die ungleichzeilige (sog. vierzeilige) liefert Futtergerste. Beide Sorten werden als Sommer- und Wintergerste kultiviert. Die zweizeilige Gerste ist die überwiegend angebaute Kulturgerste, meistens als Sommergerste. Die eiweißreichen Gersten liefern Futtergerste, die eiweißarmen (Sommer-)Gersten Braugerste. Für die Kaninchenfütterung sind der Stärke- (ca. 52 %) und Eiweißgehalt (ca. 10 - 13 %) bedeutend. Dadurch wird auch der Gehalt an Energie bestimmt. Bei der Bierherstellung fallen von der Braugerste verschiedene Nebenprodukte für die Kaninchenfutterherstellung an. Hier sind vor allem die Malzkeime zu nennen. Gerste stellt die wichtigste Getreideart in der Kaninchenfutterrezeptur dar und nimmt je nach angestrebtem Energiegehalt einen Anteil von bis zu 30 % ein. Es bestehen keine weiteren Einsatzbeschränkungen.

Weizen
Weizen (Triticum sativum) ist die wichtigste inländische Getreideart und wird als Winter- oder Sommerweizen angebaut. Sein Wert für die menschliche Ernährung hängt von seiner Backfähigkeit, d. h. Zusammensetzung und Gehalt des Kleber-Eiweißes ab. Für die Kaninchenernährung sind der Stärke- (ca. 58 %) und Eiweißgehalt (ca. 12 - 14 %) bedeutend. Dadurch wird auch der Gehalt an Energie bestimmt. Bei der Gewinnung von Weizenmehl und Weizenstärke für die menschliche Ernährung fallen verschiedene Nebenprodukte an, die sehr gut für die Herstellung von Kaninchenfutter zu nutzen sind. Dabei handelt es sich vor allem um Weizenkleie, aber auch Weizengrießkleie und Weizenkleberfutter finden Verwendung. Der Einsatz von Weizen im Kaninchenfutter wird nach praktischen Erfahrungen durch den Kleber-Eiweiß-Anteil im Protein des Weizens stark begrenzt. Es gibt deutliche Hinweise aus der Fütterungspraxis, dass durch höhere Mengen Kleber-Eiweiß die Entwicklung von pathogenen Keimen wie Clostridien im Blind- und Dickdarm gefördert wird. Daher ist zu empfehlen, den Weizenanteil im Kaninchenfutter auf maximal 10 % zu begrenzen.

Roggen
Zu den Süßgräsern gehörende Pflanze (Secale cereale), die das wichtigste Brotgetreide Nord- und Osteuropas liefert. Roggen hat ca. 1-1,5 m lange Stängel und eine 15 cm lange Ähre mit Grannen. Man unterscheidet Winter- (Winterroggen) und Sommerform (Sommerroggen). Die Roggenkörner sind von bläulicher bis grauer Farbe, aus ihnen werden Mehl und Grütze gewonnen. Roggen wird zur Korn-(Roggen-)Branntweingewinnung verwertet. Für die Tierernährung bestimmt der Gehalt an Stärke (ca. 55 %) und Protein (ca. 11 %) seinen Wert, wodurch auch der Energiegehalt beeinflusst ist. Roggen hat als Komponente im Kaninchenfutter in Deutschland keine Bedeutung. Internationale Empfehlungen lauten auf eine Einsatzrate von maximal 5 %.

Triticale
Triticale ist eine Kreuzung zwischen Triticum sativum (Weizen) und Secale cereale (Roggen). Diese Züchtung kam vor über 20 Jahren in verschiedenen Sorten auf den Markt und verbindet die Ertragsfähigkeit und Kornqualität des Weizens mit der Winterhärte, Anspruchslosigkeit und Krankheitsresistenz des Roggens. Triticale ist heute eine bedeutende Futtergetreideart und für die Kaninchenfütterung nährstoffseitig dem Weizen nahe zu stellen. In der praktischen Rezepturgestaltung können bis zu 15 % Triticale verwendet werden, darüber hinaus gehende Anteile sind aufgrund des Stärkegehaltes (ca. 56 %) nicht empfehlenswert.

Hafer
Hafer ist eine artenreiche Gattung der Süßgräser der gemäßigten Zone. Von den wild vorkommenden Arten ist der "Flughafer" (Windhafer, Wildhafer, Avena fatua) ein lästiges Ackerunkraut. Kulturpflanze ist vor allem der "Gewöhnliche Hafer" (Haber, Rispenhafer, Avena sativa). Seine Heimat ist in Asien zu suchen, von wo aus er vermutlich nach Mitteleuropa einwanderte und bei Germanen, Kelten und Slawen weite Verbreitung fand. Der "Gewöhnliche Hafer" hat abstehende Rispen mit gleichseitig angeordneten, zweiblütigen Ährchen und von den Spelzen umgebenen Früchten (Körnern). Die Kornfarbe ist bei den einzelnen Sorten verschieden (weiß, gelb, braun oder schwarz). Nur vereinzelt angebaut wird der „Nackthafer“ (Avena nuda). Genutzt wird der Hafer vor allem als Futtergetreide und zwar vorwiegend für Pferde, aber auch für Kaninchen. Bei der Gewinnung von u.a. Haferflocken für die menschliche Ernährung fällt als Nebenprodukt Haferschälkleie an, die ebenfalls als Futtermittel, speziell für Pferde- und Kaninchenfutter, genutzt wird. Für die Tierernährung sind der Stärke-, Fett- und der im Vergleich zu den übrigen Getreidearten mit gut 10 % hohe Rohfasergehalt sowie die entsprechend höheren Gehalte an Strukturkohlenhydraten bestimmend. Hafer kann in üblichen Kaninchenfutterrezepturen mit bis zu 15 % Verwendung finden, wenn er verfügbar und ökonomisch interessant ist.

Mais
Eine 1493 aus Mittelamerika eingeführte, bis 3 m hohe, zu den Süßgräsern gehörende Getreidepflanze (Zea mays), deren Anbau sich über die ganze Erde verbreitet hat. Verwendet werden entweder die ganzen Pflanzen als Grün- oder Silofutter oder die Körner. Für die Kaninchenernährung sind der Stärkegehalt (ca. 61 %) und der Fettgehalt (ca. 4 %) der Maiskörner sehr bedeutend. Vor allem dadurch wird der Energiegehalt bestimmt. Bei der Verarbeitung von Mais für die menschliche Ernährung (Maisstärke- und Maiskeimölgewinnung) fallen unterschiedliche Nebenprodukte an, die sehr gut für die Tierernährung zu nutzen sind. Rein praktisch wird die Einsatzrate von Mais im Kaninchenfutter in Kombination mit den übrigen Komponenten und unter Beachtung der Nährstoffeckwerte (u.a. begrenzter Stärkegehalt im Futter) in der Rezeptur bei unter 10 % Anteil liegen.

Weizenkleie, Weizengrießkleie
Nebenprodukte der Gewinnung von Weizenmehl für die menschliche Ernährung. In der Mehlmüllerei wird der Mehlkörper vom Rest des Korns getrennt. Je nach Grad der Ausmahlung bezeichnet man verschiedene Produkte. Weizengrießkleie hat einen Ausmahlungsgrad von 50 bis 70 %, Weizenkleie von über 70 %. Beide Varietäten enthalten noch gewisse Stärkemengen (bis zu 20 % bei der Weizengrießkleie). Der Rohfasergehalt beträgt zwischen knapp 10 und gut 12 %. Für die Verwendung im Kaninchenfutter sind vor allem der Rohfasergehalt, der Gehalt an den wichtigen Strukturkohlenhydraten und der Rohproteingehalt ( ca. 13 - 15 % mit guter Verdaulichkeit von knapp unter 80 %) bestimmend. Weizenkleie wird im Futter vornehmlich als diätetisch wirkende Komponente eingesetzt; sie zeichnet sich durch ein sehr gutes Quellvermögen aus. Dementsprechend kann auch Weizengrießkleie Verwendung finden. Allerdings ist hier der höhere Stärkegehalt zu beachten. Verwendung finden je nach angestrebtem Energiegehalt des Futters Anteile von bis zu 35 % Weizenkleie. Es gibt keine anderweitigen Einsatzbeschränkungen.

Haferschälkleie
Nebenprodukt der Gewinnung von Haferprodukten für die menschliche Ernährung. In den auf die Haferflockenherstellung spezialisierten Müllereibetrieben (Schälmühlen) wird der Hafer durch Schälen mechanisch entspelzt. Die Haferschälkleie enthält die äußere Schichten des Haferkorns (Aleuronschicht, Samenschale und Fruchtwand) und gewisse Anteile Haferspelzen. Der Rohfasergehalt bzw. die Gehalte an den verschiedenen Strukturkohlenhydraten ist für die Verwendung in der Kaninchenfütterung bestimmend und kann je nach Spelzenanteil bis annähernd 30 % gehen. Je höher der Rohfasergehalt umso niedriger ist der Rohproteingehalt. Bei der handelsüblichen Ware beträgt der Rohfasergehalt um 25 % und der Rohproteingehalt liegt zwischen 6 und 10 % Die Proteinverdaulichkeit ist mit etwa 40 % recht niedrig. Haferschälkleie wird als diätetische Komponente mit bis zu 30 % Anteil verwendet werden. Den Einsatz begrenzt letztendlich der niedrige Energie- und hohe Rohfasergehalt.

Maiskleberfutter
Nebenprodukt der Stärkegewinnung aus Maiskörnern. Mais wird in der Nassmüllerei nach einem Quellprozess entkeimt. Nach Entfernung der Schale vom Mehlkörper erfolgt eine mechanische Reinigung. Dabei wird der Maiskleber abgetrennt und die reine Maisstärke gewonnen. Die gelösten Maiskeime werden entölt (Maiskeimöl) und es verbleibt das Nebenprodukt Maiskeimextraktionsschrot. Teile des Maiskleber, getrocknetes Maisquellwasser, die abgetrennten Schalen und Maiskeimextraktionsschrot ergeben dann das Produkt Maiskleberfutter. Es zeichnet sich durch einen mittleren bis hohen Rohproteingehalt (zwischen ca. 20 und 36 %, je nach Kleberanteil) sowie mittleren Stärkegehalt (ca. 20 %) aus. Maiskleberfutter kann im Kaninchenfutter mit bis zu 15 % verwendet werden. Höhere Anteile sind aufgrund der Nährstoffzusammensetzung nicht sinnvoll.

Weizenkleberfutter
Nebenprodukt der Stärkegewinnung aus Weizenkörnern. Weizen wird in der Nassmüllerei nach einem Quellprozess entkeimt. Nach Entfernung der Schale vom Mehlkörper erfolgt eine mechanische Reinigung. Dabei wird der Weizenkleber (Klebereiweiß) abgetrennt und die reine Weizenstärke gewonnen. Ein Teil des Weizenkleber, die abgetrennten Weizenschalen und getrocknetes Weizenquellwasser ergeben dann das Produkt Weizenkleberfutter. Das Produkt enthält zwischen 15 und über 20 % Stärke und ca. 16 % Rohprotein. Der Einsatz von Weizenkleberfutter ist aufgrund des Anteils Kleber-Eiweiß deutlich begrenzt und sollte 5 bis 10 % nicht überschreiten.

Ölsaaten und Ölfrüchte, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse

Leinextraktionsschrot
Nebenprodukt der Gewinnung von Leinöl aus den Samen des Öllein (Linum usitatissimum L.) durch Extraktion. Leinextraktionsschrot enthält ca. 33 % Rohprotein (mit über 80 % hohe Verdaulichkeit), ca. 9 % Rohfaser und einen hohen Anteil an Hemicellulosen sowie andere Nicht-Stärke-Polysaccharide. In der Kaninchenfütterung kann Leinextraktionsschrot mit bis zu 5 % eingesetzt werden, wenn es verfügbar ist.

Palmkernkuchen/-expeller
Nebenprodukt der Gewinnung von Öl aus den Samen der Ölpalmen (Elaideae) durch Abpressen. Vor der Ölgewinnung wird zunächst die Steinschale der Palmensamen entfernt. Nach Abpressen des Öls verbleibt der Palmkernkuchen oder -expeller mit ca. 16 - 18 % Rohprotein, ca. 15 - 16 % Rohfaser, ca. 6 - 10 % Rohfett und einem hohen Anteil an Cellulose, Pentosanen und anderen Strukturkohlenhydraten. Aufgrund dieser Zusammensetzung kann Palmkernkuchen in der Kaninchenfutterrezeptur mit bis zu 10 % Verwendung finden. In Deutschland ist die Verwendung dieser Komponente allerdings nicht praxisüblich.

Rapsextraktionsschrot
Nebenprodukt der Gewinnung von Rapsöl aus Rapssaat durch Extraktion. Die heute angebauten Rapssorten (Brassica napus ssp.) sind Züchtungen mit sehr niedrigen Erucasäure- und Glucosinolatgehalten ("00-Sorten"). Diese Stoffe werden auch als "antinutritive Substanzen" bezeichnet, da sie die Verdauung negativ beeinflussen können. Die heute im Markt verfügbaren Rapsprodukte können bedenkenlos in der Fütterung verwendet werden. Rapsextraktionsschrot enthält als bedeutende Inhaltsstoffe ca. 35 % Rohprotein, ca. 12 % Rohfaser und zeichnet sich durch einen im Vergleich zu anderen eiweißreichen Schroten erhöhten Gehalt an der essentiellen Aminosäure Methionin im Protein aus. Der Fettgehalt beträgt nur noch ca. 2 %. In der Kaninchenfütterung kann Rapsextraktionsschrot rein fachlich mit bis zu 5 % verwendet werden, wobei der Einsatz aber nicht praxisüblich ist.

Sojabohne, dampferhitzt
Einjähriger ostasiatischer Schmetterlingsblütler, der zu einer der wichtigsten Kulturpflanzen, der Glycine soja, herangezüchtet wurde. Sie ist eine bis 1 m hohe, strauchige, stark behaarte, blassviolett blühende Pflanze mit zahlreichen Varietäten und verlangt feuchtwarmes Klima. Hauptanbaugebiete liegen in Ostasien, Nordamerika, Südamerika, Afrika und Südrussland. Die Sojabohne enthält neben geringeren Mengen an Stärke wertvolles Eiweiß (38- 40%), das alle essentiellen Aminosäuren enthält, und beträchtliche Mengen eines hochwertigen Öls (17 - 18%). Daneben sind die Vitamine A und B (Komplex) bzw. deren Vorstufen vertreten. Aus der Sojabohne gewonnene Produkte werden für die menschliche Ernährung vielseitig verwendet, z. T. zur Herstellung von Fleisch- und Milchersatzprodukten. Größte Bedeutung hat das Sojabohnenöl, das sowohl für die menschlichen Ernährung als auch technisch für die Herstellung von Seifen, Firnis, Lack, Schmieröl u. a. verwendet. Die bei der Ölgewinnung anfallenden Nebenprodukte der Sojabohne sind hochwertigste Futtermittel für die Tierernährung. Das bedeutendste Nebenprodukt ist das Sojaextraktionsschrot. Rohe Sojabohnen enthalten sogenannte Trypsininhibitoren, die die Verdaulichkeit des Proteins beim Tier behindern. Daher werden Sojabohnen vor Verwendung in der Fütterung grundsätzlich einer Wärmebehandlung (Toastung) unterzogen. Dabei werden diese Inhaltsstoffe abgebaut und das Protein der Sojabohne weist dann für Kaninchen eine sehr hohe Verdaulichkeit (deutlich über 80 %) auf. Für die Verwendung im Kaninchenfutter sind der Gehalt an Rohprotein (ca. 36 %), der Gehalt an essentiellen Aminosäuren (Lysin, Methionin, Threonin und Tryptophan) und der Fettgehalt (ca. 17%) bestimmend. Der hohe Fettgehalt macht die behandelte Sojabohne in den energiestarken Kaninchenfuttersorten zu einer interessanten Protein- und Energiekomponente. Der Fettgehalt ist gleichzeitig auch der wichtigste begrenzende Faktor für die Verwendung. Praxisüblich sind in den energiestarken Kaninchenfuttersorten Anteile bis etwa 6 %.

Sojaextraktionsschrot, dampferhitzt
Nebenprodukt der Gewinnung von Sojaöl aus der Sojabohne für die menschliche Ernährung. Das Sojaöl wird aus der Bohne durch Extraktion gewonnen. Es verbleibt das eiweißreiche Sojaextraktionsschrot. Das Produkt enthält sogenannte Trypsininhibitoren, die die Verdaulichkeit des Proteins beim Tier behindern. Daher wird Sojaextraktionsschrot vor Verwendung in der Fütterung grundsätzlich einer Wärmebehandlung (Toastung) unterzogen. Dabei werden diese Inhaltsstoffe abgebaut und das Protein des getoasteten Schrotes weist dann eine sehr hohe Verdaulichkeit (deutlich über 80 %) auf. Für die Kaninchenfütterung sind der Gehalt an Rohprotein (zwischen 42 und 48 %) und der Gehalt an essentiellen Aminosäuren (Lysin, Methionin, Threonin und Tryptophan) bestimmend. Der Rohproteingehalt hängt von der Behandlung der Sojabohne vor der Ölextraktion ab. Wird die Bohne vorher geschält, enthält das Schrot einen höheren Rohproteingehalt und weniger Rohfaser und umgekehrt. Der Anteil im Kaninchenfutter richtet sich nach dem angestrebten Proteingehalt im Futter und den übrigen verwendeten Komponenten. Es gibt ansonsten keine Einsatzbeschränkungen. Praxisüblich sind Anteile zwischen 2 und 12 %.

Sojaschalen
Nebenprodukt der Gewinnung von Protein und Öl aus der Sojabohne. Vor der Verarbeitung werden die Sojabohnen geschält. Die Soja(bohnen)schalen zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Rohfaser (ca. 35 %) und Strukturkohlenhydraten sowie einen mittleren Rohproteingehalt (ca. 11 %) aus. Das Produkt findet im Einzelfall in energieschwächeren Kaninchenfuttersorten als Ballaststofflieferant mit bis zu 5 % Verwendung.

Sojaöl
Sojaöl wird durch Pressen und verschiedene weitere Extraktionsschritte aus den Sojabohnen gewonnen. Das Öl enthält hohe Anteile ungesättigter Fettsäuren, die für die flüssige Konsistenz bei Zimmertemperatur verantwortlich sind. Es sind dies die einfach ungesättigte Ölsäure, die lebenswichtige zweifach ungesättigte Linolsäure und die dreifach ungesättigte Linolensäure. Sojaöl ist exemplarisch für die verschiedenen anderen Pflanzenöle wie Rüböl oder auch Sonnenblumenöl zu betrachten, die einzeln oder im Gemisch verwendet werden können. Im Kaninchenfutter werden Pflanzenöle in erster Linie in den energiereichen Sorten mit bis zu 2 % eingesetzt.

Sonnenblumenextraktionsschrot
Nebenprodukt der Gewinnung von Sonnenblumenöl aus Sonnenblumenkernen für die menschliche Ernährung. Das Sonnenblumenöl wird aus den Kernen durch Extraktion gewonnen. Es verbleibt das eiweißreiche Sonnenblumenextraktionsschrot. Vor der Ölextraktion werden die Kerne vollständig oder teilweise geschält. Dadurch werden der Rohprotein- und Rohfasergehalt des Schrotes bestimmt. Sonnenblumenextraktionsschrot aus geschälter Saat enthält ca. 40 % Rohprotein und ca. 11 % Rohfaser, aus teilgeschälter Saat ca. 33 % Rohprotein und ca. 20 % Rohfaser. Es gibt außerdem Sonnenblumenschrotqualitäten mit noch geringerem Rohprotein- und höherem Rohfasergehalt. Das Rohprotein hat beim Kaninchen mit über 75 % eine hohe Verdaulichkeit. Diese Inhaltsstoffe bestimmen auch die Verwendung in der Kaninchenfutterrezeptur. Es werden in Kombination mit den anderen Komponenten Anteile von bis zu 25 % verwendet. Anderweitige Einsatzbeschränkungen bestehen nicht.

Körnerleguminosen, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse

Erbse
Die Erbse ist eine einjährige, schnellwachsende, massenwüchsige und eiweißreiche Leguminose und hat eine mit zahlreichen Knöllchenbakterien besetzte Pfahlwurzel und Nebenwurzeln. Pisum sativum L. wird in mehrere Unterarten aufgeteilt, wobei die Saaterbsen (Pisum sativum ssp. sativum) und die Futtererbsen (Pisum sativum ssp. arvense) hervorzuheben sind. Für die Fütterung wird die Futtererbse verwendet. In der Kaninchenernährung sind sowohl der Rohprotein- (ca. 23%) als auch der Stärkegehalt (ca. 42 %) von Bedeutung. Die Proteinverdaulichkeit beträgt über 80 %. Beachtet werden muss bei Verwendung der Futtererbse der vergleichsweise niedrige Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren, vor allem Methionin. Der Methioningehalt der Futterrezeptur muss über andere Proteinkomponenten wie z. B. Sojaschrot oder durch Zulage von reinem Methionin entsprechend des Bedarfes ergänzt. Erbsen können aufgrund der Nährstoffzusammensetzung mit bis zu 10 % in der Rezeptur eingesetzt werden.

Ackerbohne
Einjährige, eiweißreiche Leguminose (Schmetterlingsblütler). Die Pflanze hat eine sehr starke Pfahlwurzel mit zahreichen Nebenwurzeln, welche mit Knöllchenbakterien besetzt sind (Stickstoff-Sammlung). Die fast runden, 8 bis 12 cm langen und 1 bis 2 cm breiten Hülsen stehen aufrecht bis waagerecht, sie enthalten 2 bis 5 Samen. Die Samen variieren je nach Anbausorte in der Farbe von graugelb, hellbraun bis schwarzbraun, rötlich oder grünlich, sowie in der Form von fast kugelig, eiförmig bis rundoval, mit abgeflachten bis plattgedrückten, teilweise schrumpeligen Seiten und einem großen länglichen, dunklen Nabel. Ackerbohnensorten werden in manchen landwirtschaftlichen Betrieben aus Fruchtfolgegründen angebaut. Für die Verwendung in der Kaninchenernährung sind der Gehalt an Rohprotein (ca. 26 %; ca. 80 % Verdaulichkeit) und Stärke (ca. 37 %) bestimmend. Beachtet werden muss bei Verwendung der Ackerbohne der vergleichsweise niedrige Gehalt an schwefelhaltigen Aminosäuren, vor allem Methionin. Der Methioningehalt der Futterrezeptur muss über andere Proteinkomponenten wie z. B. Sojaschrot oder durch Zulage von reinem Methionin entsprechend des Bedarfes ergänzt. Bei Verfügbarkeit können Ackerbohnen mit bis zu 10 % im Kaninchenfutter eingesetzt werden.

Süßlupinen
Die Lupine gehört zur Gruppe der Genisteae (Ginsterartige). Die Wildformen enthalten Alkaloide, die Krankheitserscheinungen verursachen können. Die in der Fütterung verwendeten blauen (Lupinus angustifolius), gelben (Lupinus luteus) und weißen (Lupinus albus) Süßlupinen sind alkaloidfreie Neuzüchtungen. Süßlupinen enthalten zwischen 30 (blaue Sorte) und 38 % (gelbe Sorte) Rohprotein (hohe Verdaulichkeit von deutlich über 80 %) sowie zwischen 12 (weiße Sorte) und 15 % (gelbe Sorte) Rohfaser. Sie können beim Kaninchen mit bis zu 10 % im Futter eingesetzt werden.

Knollen und Wurzeln, deren Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse

Zuckerrübenschnitzel
Nebenprodukt der Gewinnung von Zucker (Saccharose) aus der Zuckerrübe (Beta vulgaris ssp. vulgaris ssp. altissima). Die Zuckergewinnung erfolgt in mehreren Schritten. Zur Gewinnung des Rohsaftes werden die gewaschenen und geschnitzelten Rüben mit 80 bis 90 °C warmem Wasser im Gegenstromprinzip ausgelaugt. Als Rückstand verbleiben die Nassschnitzel. Durch Pressen wird den Nassschnitzeln Wasser entzogen, es entstehen die Pressschnitzel. Diese werden getrocknet und man erhält die Trockenschnitzel. Während des Trocknungsprozesses können den Schnitzeln Anteile der bei der Zuckergewinnung anfallenden Zuckerrübenmelasse zugegeben werden. Je nach Anteil des Melasseanteils unterscheidet man Trockenschnitzel (9 - 16 % Zucker, 15 % Rohfaser), Melasseschnitzel (16 - 23 % Zucker, 14 % Rohfaser) und zuckerreiche Melasseschnitzel (über 23 % Zucker, 12 % Rohfaser). Zuckerübenschnitzel zeichnen sich außerdem durch einen hohen Gehalt an Pektinen und verdaulicher Faser (DF) aus. Trocken- und Melasseschnitzel können im Mischfutter für Kaninchen mit bis zu 8 % eingesetzt werden. Der Anteil ist durch den Zuckergehalt sowie den hohen Gehalt an Pektin und verdaulicher Faser begrenzt.

Zuckerrübenmelasse
Nebenprodukt der Gewinnung von Zucker (Saccharose) aus der Zuckerrübe (Beta vulgaris ssp. vulgaris ssp. altissima). Die Zuckergewinnung erfolgt in mehreren Schritten. Zur Gewinnung des Rohsaftes werden die gewaschenen und geschnitzelten Rüben mit 80 bis 90 °C warmem Wasser im Gegenstromprinzip ausgelaugt. Als Rückstand verbleiben die Nassschnitzel. Der gewonnene Rohsaft wird weiter gereinigt. Dieser sogenannte gereinigte Dünnsaft wird durch Eindampfen (zuletzt unter Vakuum) konzentriert. Aus dem entstehenden Dicksaft kristallisiert die Hauptmasse des Zuckers aus und wird in Zentrifugen vom flüssigen Rückstand, der Zuckerrübenmelasse, abgetrennt. Durch Raffination, d.h. durch nochmaliges Auflösen und erneute Kristallisation wird der noch braungefärbte Rohzucker von anhaftenden Melasseresten gereinigt. Es entsteht der für die menschliche Ernährung verwendete Weißzucker sowie weitere Zuckerrübenmelasse. Der wichtigste wertbestimmende Bestandteil ist Zucker (ca. 50 - 55 %), vornehmlich Saccharose. Daneben enthält die Melasse alle wasserlöslichen Nichtzuckerstoffe der Rübe, vor allem Rohproteinverbindungen (ca. 10 -12 %, davon ca. 50 % Betain). Zuckerrübenmelasse findet im Kaninchenfutter mit bis zu 5 % Verwendung und ist eine für die Pelletierung positiv wirkende Komponente. Die Einsatzrate wird fütterungsseitig durch den hohen Zuckergehalt bestimmt und begrenzt. Neben der Zuckerrübenmelasse kann auch Rohrzuckermelasse verwendet werden.

Maniok
Produkt aus den stärkereichen Wurzelknollen des Maniok- oder Cassavestrauches. Durch Abpressen und Trocknen gewaschener und geschälter Maniokknollen entstehen die sogenannten Maniokschnitzel, auch Tapiokaschnitzel genannt. Durch Vermahlen werden dann die Maniok- oder Tapiokamehle gewonnen. Sie haben je nach Herkunftsland und Verarbeitungsstufe einen Stärkegehalt zwischen 55 und 65 % und sehr niedrigen Rohproteingehalt (ca. 2%). Damit stellen sie einen reinen Energieträger dar. In der Kaninchenernährung hat Maniok eine zu vernachlässigende Bedeutung. Rein fachlich kann Maniok mit bis zu 10 % in der Rezeptur verwendet werden.

Nebenerzeugnisse des Gärungsgewerbes und der Destillation

Malzkeime
Nebenprodukt der Malzherstellung in der Bierbrauerei. Braugerste wird in der Mälzerei gereinigt und durch Einweichen in Wasser und geeignete Lagerungsbedingungen zum Auskeimen gebracht. Das Keimwürzelchen (beim Weizen auch die Blattkeime) durchbricht die Fruchtschale und ist nach 7 bis 9 Tagen etwa anderthalb mal so lang wie das Korn. Das sogenannte Grünmalz wird nun auf Darren getrocknet und mehr oder weniger stark geröstet. Es entsteht das Darrmalz, von dem in einer Malzputzmaschine die Keimlinge abgetrennt werden. Malzkeime zeichnen sich durch hohe Gehalte an leichtlöslichen Kohlenhydraten (ca. 13 % Zucker), Rohfaser (ca. 13 %) und Rohprotein (ca. 27 %) aus. Da Malzkeime durch die Zusammensetzung der Strukturkohlenhydrate einen guten diätetischen Wert besitzen, der Proteingehalt aber recht hoch ist, können sie im Kaninchenfutter mit bis zu 10 % eingesetzt werden.

Wirtschaftseigene Grobfuttermittel und Grünfutterprodukte

Luzernegrünmehl
Luzerne (Medicago sativa L.) ist eine der ältesten bekannten Futterpflanzen und in gemäßigten Klimaten weit verbreitet. Die Luzerne kann in unterschiedlichen Vegetationsstadien geschnitten und getrocknet werden. Luzernegrünmehl enthält je nach Schnittzeitpunkt ca. 25 - 33 % Rohfaser und ca. 14 - 16 % Rohprotein mit einer Verdaulichkeit von knapp 60 %. Kurz vor der Blüte geerntete Luzerne ist rohfaserreicher und proteinärmer. In einer ausgewogenen Kaninchenfutterrezeptur ist diese Komponente mengenbestimmend und wird praxisüblich mit bis zu 35 % eingesetzt. Der Anteil wird durch die Nährstoffeckwerte der Rezeptur und die weiteren verwendeten Komponenten bestimmt. Daneben gibt es keine Einsatzbeschränkungen. Neben Luzernegrünmehl kann auch Grasgrünmehl zum Einsatz kommen. Die zur Kaninchenfutterherstellung verwendeten Grünmehle sind als Hauptkomponente gleichzeitig bestimmend für den Geruch des Futters und darüber für die erste Akzeptanz beim Kaninchen. Daher kommt der gezielten Auswahl bester Grünmehlqualitäten besondere Bedeutung zu. Nur hygienisch absolut einwandfreie, aromatisch riechende Grünmehlqualitäten sichern eine entsprechende Akzeptanz - mit Mängeln behaftete Qualitäten sind auszuschließen, sie können auch nicht durch Zusatz von Aromen ausgeglichen werden.

Mineralstoffe

Calciumcarbonat
Calciumcarbonat wird auch als kohlensaurer Futterkalk bezeichnet und durch Mahlen calciumcarbonathaltiger Stoffe wie Kalkstein, Austern- oder Muschelschalen oder durch Ausfällen aus kalkhaltigen sauren Lösungen gewonnen. Calciumcarbonat enthält 38,5 % Calcium und wird in der Kaninchenernährung zur gezielten bedarfsgerechten Ergänzung des Futters mit dem wichtigen Mengenelement Calcium verwendet. Die Calciumgehalte in den pflanzlichen Einzelfuttermitteln sind nicht ausreichend, den Bedarf zu decken und erfordern daher die gezielte Ergänzung.

Dicalciumphosphat
Mineralisches Einzelfuttermittel, das 21 % Calcium und 16 % Phosphor enthält. Dicalciumphosphat wird als hochverfügbarer Calcium- und Phosphorträger aus anorganischen Verbindungen gewonnen. In der Kaninchenernährung findet das Produkt zur gezielten bedarfsgerechten Ergänzung des Futters mit den wichtigen Mengenelementen Calcium und Phosphor Verwendung.

Monocalciumphosphat
Mineralisches Einzelfuttermittel, das 16 % Calcium und 22 % Phosphor enthält. Monocalciumphosphat wird als hochverfügbarer Calcium- und Phosphorträger auf chemischem Wege hergestellt. In der Kaninchenernährung findet das Produkt zur gezielten bedarfsgerechten Ergänzung des Futters mit den wichtigen Mengenelementen Calcium und Phosphor Verwendung.

Monodicalciumphosphat
Mineralisches Einzelfuttermittel, das zu gleichen Teilen aus Monocalciumphosphat und Dicalciumphosphat besteht und 22 % Calcium sowie 22 % Phosphor enthält. Monodicalciumphosphat wird als hochverfügbarer Calcium- und Phosphorträger auf chemischem Wege hergestellt. In der Kaninchenernährung findet das Produkt zur gezielten bedarfsgerechten Ergänzung des Futters mit den wichtigen Mengenelementen Calcium und Phosphor Verwendung.

Natriumchlorid
Natriumchlorid wird auch als Viehsalz bezeichnet und durch Vermahlen von natürlichen, natriumchloridhaltigen Stoffen wie Stein-, Siede- oder Seesalz gewonnen. Natriumchlorid enthält 38 % Natrium und wird in der Kaninchenernährung zur gezielten bedarfsgerechten Ergänzung des Futters mit dem wichtigen Mengenelement Natrium verwendet. Die Natriumgehalte in den pflanzlichen Einzelfuttermitteln sind nicht ausreichend, den Bedarf zu decken (Aufrechterhaltung des Salzhaushaltes im Körper) und erfordern daher die gezielte Ergänzung.

Aminosäuren und ihre Salze sowie analoge Erzeugnisse

Methionin
Methionin gehört zur Gruppe der sogenannten „schwefelhaltigen Aminosäuren“ und ist in der Kaninchenernährung neben Cystin die erstlimitierende essentielle Aminosäure. Da Cystin aus Methionin im Stoffwechsel umgewandelt werden kann, der umgekehrte Weg aber nicht möglich ist, wird in vielen Fällen eine gezielte Ergänzung des Kaninchenfutters mit synthetisch hergestelltem Methionin vorgenommen. Dazu stehen zwei Produkte zur Verfügung: zum einen aus den Ausgangsstoffen Propylen, Methan, Ammoniak und Methylmercaptan auf synthetischen Wege hergestelltes DL-Methionin. Methionin ist in der DL-Form vom Tier vollständig zu verwerten, da im Stoffwechsel die D-Form in die L-Form überführt wird. Zum Anderen wird in der Tierernährung neben DL-Methionin auch eine Vorstufe der reinen Aminosäure, das Hydroxy-Analog von Methionin, verwendet. Diese Vorstufe wird ebenfalls über eine chemische Synthese hergestellt. In der Natur kommt das Hydroxy-Analog von Methionin z.B. als Stoffwechselprodukt von Mikroorganismen bei Gärungsvorgängen wie z.B. in Grundfuttersilagen vor.

Lysin
Lysin ist eine essentielle Aminosäure und wird in der reinen Form als L-Lysin (D-Form biologisch vom Tier nicht zu verwerten) fermentativ durch Mikroorganismen hergestellt. Diese Mikroorganismen erhalten in den Fermentern als Nahrungsbasis Melasse, Zucker, stärkehaltige Produkte sowie Stickstoffquellen. Die reine Aminosäure Lysin wird dann über verschiedene Stufen abgetrennt und liegt als L-Lysin-Monohydrochlorid (mindestens 78 % L-Lysin) vor. In der Kaninchenernährung kann Lysin als Einzelaminosäure zur Sicherstellung der Versorgung der Tiere je nach Futtersorte verwendet werden. Die Verwendung selbst und die Dosierung ist abhängig von dem angestrebten Gehalt im Futter und den weiteren eingesetzten Komponenten.

Diese Komponentenliste kann sicher noch sehr viel weiter gefasst werden. Mit den hier eingehend beschriebenen Einzelfuttermitteln ist aber das in Deutschland übliche Spektrum an Komponenten, die in Kaninchenfutterrezepturen verwendet werden, weitgehend abgedeckt. Entscheidend für die Qualität eines Kaninchenfutters ist neben der ausgewogenen Zusammensetzung, basierend auf den aktuellen praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die Kontinuität in der Rezeptur. Rezepturänderungen sollten dann erfolgen, wenn es neue Erkenntnisse gibt oder sich die Einschätzung einer Komponente aufgrund veränderter Nährstoffgehalte geändert hat.

..... zu guter Letzt

Viele Fragen rund um die Fütterung der Kaninchen und deren Einfluss auf den Zuchterfolg beschäftigen die Züchter landauf und landab. Die Wissenschaft liefert mit den Ergebnissen zum Nährstoffbedarf der Kaninchen in den unterschiedlichen Produktions- und Wachstumsphasen die Basis für die ausgewogene Gestaltung der Tagesration. Die Tiernahrungsindustrie bietet dazu Futterkonzepte, die sowohl in der Alleinfütterung als auch in der Ergänzung des Grobfutters diese Erkenntnisse beachtet und in die Praxis umsetzt. Für die Herstellung von Kaninchenfutter stehen eine Vielzahl von Komponenten zur Verfügung, die qualitätsgesichert erzeugt und in der Rezeptur miteinander gezielt kombiniert werden. Zum Themenkomplex "Fütterung und Fruchtbarkeit" hat der amerikanische Ernährungsfachmann Lee Johnston von der Universität Minnesota in einem Interview den folgenden wertvollen Hinweis gegeben: "Merken Sie sich: Es gibt keine Wunderdinge, die die Fruchtbarkeitsleistung von Tieren steigert. Vielmehr geht es darum, die Teile eines Puzzles zusammenzusetzen und sicherzustellen, dass man die grundlegenden Dinge gut macht." Dieser wichtige Grundsatz kann abschließend ergänzt werden: "Und wenn man diese grundlegenden Dinge gut macht, dann hat man die besten Voraussetzungen, dass ausgewogene, die Immunität und Verdauung gezielt unterstützende Futterkonzepte komplex ihre Wirkung entfalten können - alles für das eine gemeinsame Ziel: bestmöglichen Zuchterfolg!"

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Juni 2004